Flandern-Rundfahrt - Giganten-Duell oder lachender Dritter

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radathleten
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Flandern-Rundfahrt - Giganten-Duell oder lachender Dritter

von radathleten am 02.04.2010 15:08

Klare Sache: Die Favoritenliste für die Flandern-Rundfahrt ist kurz - und umso hochkarätiger. Alles läuft auf ein Top-Duell zwischen Tom Boonen und Fabian Cancellara hinaus. Auf dem diesmal noch schwereren Kurs zwischen Brügge und Ninove sind alle anderen Fahrer Außenseiter, aber nicht chancenlos.

Doch am zweifachen Heim-Sieger Boonen und seinem Rivalen aus der Schweiz führt kein Weg vorbei. Beide sind in absoluter Topform, strotzen vor Selbstvertrauen und können sich auf starke Teams mit exzellenten 'Jokern' stützen.

Schließlich hat der belgische Superstar immerhin den Triumphator der letzten beide Austragungen, Stijn Devolder, an seiner Seite, dazu den Franzosen Sylvain Chavanel - der im Vorjahr lange auf Siegeskurs war.

"Wenn ein Fahrer aus unserem Team gewinnt, werde ich sehr glücklich sein", erklärte Boonen mit Blick auf Gerüchte über Rivalitäten im Rennstall. Die Favoritenrolle schob er aber an Cancellara weiter: "Er hat schon lange angekündigt, dass er dieses Rennen als großes Ziel im Auge hat. Er hat Erfahrung, ist in exzellentem Zustand und hat eine sehr starke Truppe an seiner Seite. Aber auch ich bin Form und gehe ganz entspannt an den Start."

Däne als Kronprinz?

Den fünften Coup von Quick Step in den letzten sechs Jahren wird im Normalfall am ehesten Saxo Bank verhindern können: Deren Anführer Cancellara hat Flandern schon lange auf seinem Wunschzettel und schnappte bei der Generalprobe zur "Ronde" seinem Fluchtgefährten Boonen den Sieg im GP E3 weg. Zudem hat das Kraftpaket bei seinem Angriff auf das nächste "Radsport-Monument" in seiner Siegesliste nach Paris-Roubaix und Mailand-San Remo den starken Dänen Matti Breschel als zweite Spitze in der Mannschaft. Den fürchtet auch Boonen, der ihn als "sehr intelligenten Fahrer" lobte.

Der WM-Dritte von 2008 gewann mit "Quer durch Flandern" auch unlängst ein schweres Vorbereitungsrennen - und bei Gent-Wevelgem brachte ihn wohl nur ein Reifenschaden im Finale um mindestens einen Platz auf dem Podium. Ähnliches Pech hatte Cancellara bei der Flandern-Rundfahrt des Vorjahres, als ihn ein Kettenriss stoppte, auch wenn seine Form damals längst nicht so stark wie in diesem Frühjahr war. Als Helfer ist bei Saxo Bank auch der deutsche Neuzugang Dominik Klemme bei der 94. Auflage am Start.

Lauerstellung & Ausfälle

Die Konzentration auf die zwei Topteams und ihre Stars könnte aber auch zu einem taktischen Patt führen, das den vielen starken Fahrern aus der "zweiten Reihe" große Chancen eröffnet. Allerdings ist Filippo Pozzato, einer der heißesten "Außenseiter", erkrankt und wird wie sein Katusha-Teamkollege Sergei Ivanov keinesfalls in bester Verfassung in Brügge an den Start gehen.

Immer zu beachten ist Philippe Gilbert (Omega), der aber laut Boonen "noch nicht in Topform ist, weil er erst in den Ardennen richtig auftrumpfen möchte" - darauf verlassen sollte sich aber kein Gegner des Wallonen. Auch nicht darauf, dass noch nie ein Spanier ganz oben auf dem Siegerpodest unweit von Brüssel stand. Denn Juan Antonio Flecha (Sky) ist in den letzen Wochen nicht nur so stark wie fast immer im Frühjahr, er hat auch seine lange Sieglosigkeit beendet und den Klassiker "Het Nieuwsblad" vor Heinrich Haussler und Gilbert gewonnen.

Leider fehlen mit Haussler und Andreas Klier zwei der deutschen Spezialisten für die schweren Prüfungen auf Kopfsteinpflaster, so dass bei Cervélo aus dem starken Klassiker-Kern des Teams alleine Thor Hushovd übrig blieb. Er wird unterstützt vom Deutschen Meister Martin Reimer. Bei Sky wiederum muss der Ausfall von Edvald Boasson Hagen verschmerzt werden, der aber zumindest in Roubaix wieder dabei sein will.

Milram will Akzente setzen

Das heißeste deutsche Eisen ist damit Marcus Burghardt, der bei BMC mit Alessandro Ballan einen einstigen Ronde-Sieger und dazu mit George Hincapie einen weiteren ebenso starken wie erfahrenen Partner zur Seite hat. Nicht unterschätzen werden die Asse den Österreicher Bernhard Eisel (Columbia), der mit seinem Coup bei Gent-Wevelgem mindestens zum erweiterten Favoritenkreis gehört. Auch Mark Cavendish wird bei seiner Flandern-Premiere "für Bernie arbeiten", machte das Team klar.

Bei Milram soll an die Erfolge und starken Auftritte des Frühjahrs angeknüpft werden. "Niki Terpstra und Roy Sentjens sind unsere Kapitäne", erklärt der Sportliche Leiter Ralf Grabsch. "Beide haben bei diesem Rennen schon Akzente gesetzt, sich unter den Top 20 platziert und haben die Klasse, sich dort in Szene zu setzen. Als Joker haben wir Paul Voß dabei. Er ist in einer guten Verfassung, was er mit seinen tollen Auftritten bei der Katalonien-Rundfahrt unterstrichen hat. Wenn er von unseren erfahrenen Fahrern gut geleitet wird, kann auch er für eine kleine Überraschung sorgen."

Mit Armstrong und neuem Kurs

Das scheint auch für Lance Armstrong (RadioShack) möglich, der sich auf das im wahrsten Sinn des Wortes gefährliche Pflaster Flanderns begibt. Auf den 262 Kilometern sind diesmal 15 Anstiege und 20 Abschnitte mit Pflastersteinen zu absolvieren, wobei die Veranstalter einige Änderungen im Streckenverlauf vornahmen.

"Das Rennen wird diesmal anders ablaufen", prophezeit Boonen, "die Anstiege liegen enger zusammen als sonst und der Kampf zwischen den Favoriten wird schon weitaus früher beginnen."

Umso früher werden sich mutige Ausreißer auf den Weg machen müssen, wenn sie den Stars ein Schnippchen schlagen wollen. Seit Jacky Durand 1992 gelang dies nicht mehr, doch vielleicht wiederholt sich ja das Szenario von 2001: Damals belauerten sich die Stars hinter einer Spitzengruppe zu lange, keiner wollte die Arbeit machen - am Ende fehlten den Assen 19 Sekunden und acht Angreifer konnten den großen Sieg unter sich ausmachen.

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